Klassisches Grün
Zur grünen Farbgebung der Lokomotiven mit roten Rädern herrscht Konsens
unter den Autoren zur sächsischen Lokomotivgeschichte .
Untermauert wird diese Grundannahme durch eine zeitgenössische Zeichnung der 1920er Jahre,
die Farbgebung einer XII H2 auf der Weltausstellung
und die grün/rotbraune Farbgebung der Lokomotive "Muldenthal" des Dresdener Verkehrsmuseums.
Bei der musealen Aufarbeitung vor 1956 war die (bis in die zwanziger Jahre erlebbare) Originalfarbgebung den
älteren Mitarbeitern möglicherweise noch bekannt. Die Muldenthal war allerdings vor ihrer Museumszeit nie bei
der Staatsbahn eingestellt, sondern bei der privaten Bockwa-Oberhohndorfer Kohlebahn und bis 1952 als Werklok beim Zwickauer
August-Bebel-Schacht im Einsatz. [SR6 S.7]
Charles R. King beschrieb das Aussehen der X V 175 auf der Pariser Weltaustellung 1900 im Engineering Magazine:
"The engine and tender are painted in the usual German colors of
dark green for the boiler and red for the wheels. The whole engine
and the machine work is of very fine finish."[Charles R. King: Features of continental locomotive building. In: The Engineering Magazine. New York 1902
(3): Swiss, Saxon, Russin and North European Types, (S. 685–700) S.693]
(Übersetzung: Lokomotive und Tender sind in den üblichen deutschen Farben, grün für den Kessel und rot für die Räder gestrichen.
Die ganze Lokomotive und Maschinerie sind sehr fein gearbeitet.)
Ein anderer Autor beschrieb die selbe Lokomotive 1901 im "Engineer":
"The engine is painted for the Saxony lines in the colours generally prevailing for German locomotives; notably dark green for the boiler and brick-red for the frames and wheels."[The Engineer (London) 1. Feb 1901 S.114]
(Übersetzung: Für die sächsischen Linien ist die Lokomotive in den in Deutschland vorherschenden Farben gestrichen; vor allem dunkelgrün für den Kessel und backsteinrot für Rahmen und Räder.)
Den perfekte Pflegezustand der sächsischen Lokomotiven erwähnt ein Bericht zur IX V No. 751 von 1904:
"In Saxony engines are kept so clean that it is usual for enginemen to wear white collars and have their faces unsoiled by coal dust."[The Engineer (London) 19. Jan 1904 S.106]
(Übersetzung: In Sachsen werden Lokomotiven so sauber gehalten, dass es für Lokpersonale üblich ist weiße Kragen zu tragen und ihre Gesichter nicht durch Kohlenstaub verschmutzt sind.)
Der Autor A. Bucher besuchte die Weltausstellung und schrieb
eine ganze Artikelreihe "Das Eisenbahnwesen auf der Weltausstellung in Brüssel 1910"
für Dinglers Polytechnisches Journal Jahrgang 1911.
Zur ausgestellten XII H2 (Bahnnummer 651) schrieb er:
[Dinglers Polytechnischem Journal Heft 13/1911 Seite 197:]
Anstrich: Wasserkasten, Führerhaus und Kesselbekleidung dunkelgrün, Rauchkammerbekleidung schwarz lackiert;
Rahmen und Räder rotbraun gestrichen, Triebwerk, Bandagen und Handstangen blank.
"Bandagen" ist die damalige Bezeichnung für Radreifen.
[Roell: Räder]
Zusammen mit den anderen Indizien handelt es sich wahrscheinlich nicht um einen speziellen Ausstellungsanstrich.
Diese Angabe hat Peter Heinrich im Buch zur 38.2 als Anstrich der XII H2 zur Weltausstellung als "nach sächsischem Brauch" wiedergegeben.
[Heinrich S.43]
Wolfgang Diener hat die Beschreibung aus [Heinrich S.43] übernommen, und zum "bekannten Regelanstrich" verallgemeinert.
[Diener(Loks) S.17]
In der Neuauflage seines Werkes ist die Passage vorsichtiger formuliert.
[Diener(Loks2) S.28]
Ein anderer Zeitschriftenbericht "Die Lokomotiven auf der Weltausstellung in Brüssel"
enthält leider keinen direkten Bezug zur XII H2, impliziert aber eine gewisse Gleichförmigkeit der ausgestellten Anstriche:
"Die ausgestellten deutschen Lokomotiven zeigen fast
sämtlich den im Dienste üblichen Anstrich, dunkelgrün mit
schwarzen Bändern, die mit feinen roten Streifen abgesetzt
sind. Meist sind des besseren Aussehens halber Kupferrohre,
Gelenke und ähnliche Teile, die sonst gestrichen werden,
blank gemacht. Die von Maffei ausgestellte Lokomotive hebt
sich durch einen matten, hellgrauen Anstrich und messingene
Ziehbänder stark von den übrigen Lokomotiven ab. Auch
die französischen Lokomotiven tragen durchweg ihr Dienstkleid;
(...)"
[ZVDI Jg.1910 S.1929][vgl. Diener(Loks2) S.28]
Sowohl die 2009 neugebaute I K 54 als auch die 2009 renovierte IV K 145 bekamen Anstriche in
Flaschengrün (RAL 6007), Rotbraun (RAL 8012) und Tiefschwarz (RAL 9005).[LegendeIK S.205][DBM 3/09 S.7]
Zu verkleideten Rauchkammern widersprechen sich die Indizien.
Das unten beschriebene Betriebsfoto einer XI V zeigt eine grüne Rauchkammerseite mit Zierstreifen.
Der Bericht zur Brüsseler Ausstellungslok XII H2 651 spricht dagegen von einer schwarzen Rauchkammer.
Möglicherweise wurde im Bericht die Rauchkammertür als Rauchkammer bezeichnet?
Möglicherweise unterschieden sich Personen- und Güterzugloks, wobei Fotoanstriche allerdings keinen Unterschied zeigen.
Die erst ab 1919 gelieferten XIII H (entsprechend G12) bekamen laut einigen Fotos definitiv eine schwarze Rauchkammer.
Auffallend sind Bilder der Bahnnummer 1200.[SR4 S.60 oben und unten]
Auch die unten beschriebene 58 457 hatte eine schwarze Rauchkammer.[SR4 S.62]
Die 1924 in Seddin gezeigte XX HV hatte hingegen wieder eine grüne Rauchkammer.
Zu unverkleideten Rauchkammern liegen materialbedingt schwarze Rauchkammern nahe, wie sie 1908 im "Handbuch des Eisenbahnmaschinenwesens" beschrieben werden.
"Für die Schornsteine und die nicht verkleidete Rauchkammer benutzt man schwarzen Asphaltlack, weil die mit Firnis angeriebene Farbe die große Wärme an diesen Teilen nicht vertragen würde."
[Stockert1908 S.125]
Auf den
Zylindern sieht man bei vielen Loks im Lieferzustand dunklere Zierstreifen.
Demzufolge waren die Zylinderblöcke sicherlich grün.
Die
Aufstiege waren zumindest bei manchen Loks auch unterhalb des Umlaufs grün.
Ein Foto der X V No.175
[Schnellzugloks1 S.33] zeigt offenbar schwarze Zierlinien am Führerhausaufstieg.
Das passt auch zum Fotoanstrich dieser Gattung.
[Schnellzugloks1 S.32]
Möglicherweise verhielt sich das bei stärker durchbrochenen Aufstiegen oder Güterzugloks anders.
Das perfekte Bild einer XI V von W. Contius scheint einen Aufstieg in
Untergestellfarbe zu zeigen.
[SR4 S.43]
Auf vielen Fotos sind blanke
Radreifen erkennbar. Man darf das nicht mit glänzendem Neusilber verwechseln.
Die Farbe entspricht eher einem öligen Braun.
Gut erkennbar ist der Unterschied zwischen Radreifen und Radstern auf einem Foto der XII H1 Nr. 18.
[SR3 S.64]
Möglicherweise wurden einige Lokomotiven auch mit weiß getünchten Radreifen geliefert.
"Die Wände des
Kohlenraumes sind mit Steinkohlenteer auszustreichen" findet man als Hinweis zur Behandlung der Tender im
Buch "Die Werkstätten der sächsischen Staatseisenbahnen und ihre hauptsächliche Thätigkeit"
[MaxFischer S.14]
Leider enthält es keine weiteren Angaben zur Farbgebung.